Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) haben sich gestern auf ein Verfahren verständigt, dass die Einreise von Saisonarbeitern in Kontingenten ermöglicht. Am Mittwoch hatte Niedersachsens Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) ein solches Vorgehen noch angeregt. Sie rechnete vor, dass in Niedersachsen im April allein für den Obst-Bereich 3700 Helfer benötigt würden. Im Mai wären es schon 10.000, im Juni 13.300 und im Juli 26.800 Erntehelfer, die in Niedersachsen eingesetzt werden müssten.

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Laut den Plänen der Bundesregierung sollen im April und Mai nun jeweils bis zu 40.000 Saisonarbeiter nach Deutschland einreisen dürfen. Die Auswahl geschehe in enger Abstimmung mit dem jeweiligen Berufsstand und nach strengen Hygienekontrollen, wie das Bundesagrarministerium gestern in einer Stellungnahme erklärte. Zudem sollen die Arbeitskräfte nur per Flugzeug einreisen dürfen.

Sind die Erntehelfer eingereist, werden sie in einer „faktische Quarantäne“ streng getrennt von anderen Arbeitern eines Betriebes untergebracht. Sammelunterkünfte dürfen nur maximal die Hälfte der üblicherweise vorgesehenen Menschen beherbergen. Außerdem sollen Hygienehinweise in der jeweiligen Muttersprache der Erntehelfer in den Unterkünften angebracht werden. Weitere 10.000 Erntehelfer wollen die Bundesminister zudem zusätzlich aus dem Inland rekrutieren, etwa Arbeitslose, Studierende, Asylbewerber und Kurzarbeiter. Dazu wurden in der vergangenen Woche zahlreiche gesetzliche Änderungen vorgenommen, um den Einsatz inländischer Erntehelfer zu erleichtern oder attraktiver zu machen.

Einige Spargel-Anbauer haben Ernte schon abgehakt

Die Vereinigung der Spargel- und Beerenanbauer in Niedersachsen warnte zuletzt vor massiven Ernteausfällen aufgrund des momentan verhängten Einreisestopps für Erntehelfer. Dass es zwischenzeitig Hilfsangebote über verschiedene Vermittlungsplattformen gibt, lobte der Geschäftsführer des Verbandes, Fred Eickhorst, im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick zwar ausdrücklich. Doch dass der Wegfall der osteuropäischen Erntehelfer aufgefangen werden kann, glaubte Eickhorst nicht.


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Er gab zu bedenken, dass nicht alle neuen Erntehelfer in der Lage sein werden, „die wirklich schweren, körperlich anstrengenden Arbeiten“ in der Spargelernte zu übernehmen. Die Tätigkeiten müssten an sechs Tagen in der Woche ausgeführt werden, schließlich hätten die Betriebe auch Lieferverpflichtungen einzuhalten. Gearbeitet werden müsste auch dann, wenn das Wetter einmal nicht so sonnig sein sollte. Eickhorst berichtete von Betrieben aus Süddeutschland, bei denen nach kurzer Zeit nur noch rund 20 Prozent der Helfer im Einsatz waren. Andere Bertriebe verzichten zurzeit komplett auf externe Unterstützung – aus Angst vor einer Corona-Infektion auf dem Hof.

Aktuell sei davon die Spargel- oder Rhabarber-Ernte betroffen. Doch das Problem weite sich noch weiter aus. So müssten zurzeit auch Salate und Gemüse gepflanzt beziehungsweise gesät werden. Etwa in zwei Wochen wären dann die Erdbeeren an der Reihe. Doch wenn die Ernte in den kommenden sechs bis acht Wochen oder noch sogar später nicht gewährleistet werden kann, würden viele Betriebe jetzt auch nicht weiter anbauen. „Manche Betriebe fahren die Produktionsleistung herunter, andere fahren sie erst gar nicht hoch“, so Eickhorst. Es gebe sogar Betriebe, die die Spargelernte in diesem Jahr bereits komplett abgehakt hätten.

Wer die Ruhe und die Zeit findet, die neuen Kräfte anzulernen, kann auch Erfolg haben.

Der Geschäftsführer der Spargelanbauer-Vereinigung weiß aber auch von positiven Beispielen mit inländischen Erntehelfern zu berichten. „Wer die Ruhe und die Zeit findet, die neuen Kräfte anzulernen, kann auch Erfolg haben.“ Zudem gäbe es auch einfacherer Aufgaben etwa beim Transport, bei der Aufbereitung und beim Schälen des Spargels, die auch unerfahrenere oder körperlich schwächere Helfer übernehmen könnten. Das ergebe dann auch manchmal auch eine gute PR-Geschichte, sagt Eickhorst. So gibt es Betriebe, die sehr gut vermarkten, dass sie Beschäftigten in Kurzarbeit oder anderen die Chance geben, bei der Ernte auszuhelfen.

Ob wegen möglicher Ernteausfälle nun der Spargelpreis ansteigt, sei derweil noch nicht ausgemacht, erläuterte Eickhorst. Denn zurzeit breche auch ein Großteil der Gastronomie weg. Der Vertrieb laufe nur über den Lebensmitteleinzelhandel, Hofläden oder Verkaufshütten. Die geringere Produktion könnte dann vielleicht durch einen geringeren Absatzmarkt ausgeglichen werden. Im niedersächsischen Agrarministerium rechnet man vor allem bei einem Preisverfall für jene Betriebe, die mittels Folien oder Vlies die Produktion verjüngt hätten, um die üblicherweise höheren Preise zu Saisonbeginn abzugreifen. Hier könnte es nun zu größeren Gewinnverlusten kommen.