Am heutigen Dienstag beginnt die Steuerschätzung, und sie dürfte das erste Mal nach vielen Jahren keinen Grund zur Freude, sondern eher zur Besorgnis liefern: Die Bundesregierung hat ihre Konjunkturerwartungen in den vergangenen Wochen zweimal abgesenkt, die Wirtschaftsforschungsinstitute stehen dem nicht nach.

Damit kann der Umstand eintreten, dass die bisherigen, immer noch sehr optimistischen Einnahmeprognosen nach unten korrigiert werden müssen. Dieser Umstand hat unmittelbar Rückwirkungen auf die Gespräche, die Finanzminister Reinhold Hilbers in wenigen Wochen mit den Fachministern startet. Dabei geht es dann um die spannende Frage, für welche Projekte im nächsten Jahr wie viel Geld bereitgestellt werden soll.

Es kommt noch eine weitere Schwierigkeit hinzu: Mehrere der Vorhaben, die im Etat für 2019 noch ganz am Ende von den Fraktionen in den Haushaltsplan gehievt wurden, sollen diesmal möglichst schon vorab in die Einzelpläne der Ministerien eingearbeitet werden – damit sie künftig nicht mehr jedes Jahr wieder zur Disposition stehen. Das betrifft etwa den Bereich der kommunalen Kultur- und Theaterförderung, aber auch die Stärkung der Lehrerausbildung. Und dann ist da noch der SPD-Plan, das Weihnachtsgeld für Beamte wieder einzuführen.

Ein dreistelliger Millionenbetrag könnte in der Kasse fehlen – Foto: weyo

Der Zeitplan sieht nun so aus, dass zunächst die Finanzreferenten der Ministerien im Dialog mit den Fachleuten im Finanzministerium die Masse der Vorhaben abklären. Dabei bleiben „offene Punkte“ übrig – das sind zumeist Projekte, die die Fachministerien gern finanzieren möchten, der Finanzminister aber kein Geld dafür geben möchte. In den Ministergesprächen Ende Mai versucht Hilbers dann, sich mit den jeweiligen Ministern zu verständigen. Gelingt das nicht, so bleibt die Klärung der restlichen Konflikte der Klausurtagung des Kabinetts vorbehalten, die in diesem Jahr am 30. Juni beginnt und am 1. Juli enden soll. In den vergangenen Jahren hatte dieser alljährliche Termin der Haushaltsklausur an medialem Reiz verloren, weil die Kassen prall gefüllt waren und in der Ministerrunde eigentlich keine ernsthaften Streitfragen mehr zu lösen waren. Nach allem, was derzeit verlautet, dürfte das in diesem Jahr nun anders sein.

Wenn die Steuerschätzung das Ergebnis haben wird, dass im Etat für 2020 ein Betrag zwischen 100 und 500 Millionen Euro fehlen wird, so muss der Rotstift angesetzt werden – und dies wird nach den Erfahrungen der Vergangenheit zunächst pauschal geschehen, in jedem Ministerium nach dem gleichen Prozentsatz, der sich auf das Haushaltsvolumen und die Möglichkeiten der Einsparungen bezieht. Personalintensive Ressort wie das Kultusministerium haben es hier naturgemäß schwieriger als etwa das Sozialressort, das über viele Ausgabeprogramme verfügt. Eine „globale Minderausgabe“ anzusetzen – also die Kürzungen auf das Ende des Haushaltsjahres zu verschieben – dürfte dann schwer fallen, wenn die Steuerschätzung nicht nur eine Konjunkturschwäche im Jahr 2020, sondern ein dauerhaftes Absenken der Einnahmen auch in den darauf folgenden Jahren vorhersagen sollte.

Für den Etat 2020 wird wohl der Rotstift benötigt

Noch etwas macht die Lage komplizierter. Die SPD hatte angekündigt, bei ausreichend Geld in der Kasse den Wiedereinstieg des Weihnachtsgeldes für alle Landesbeamte zu beginnen – und alle Grundschullehrer nach A13 zu bezahlen, was einige Nachbarländer schon tun. Würde man ein pauschales Weihnachtsgeld von 500 Euro an alle Landesbeamten und Pensionäre zahlen, so kostete dies 100 Millionen Euro im Jahr. Das hieße, man müsste diesen Betrag wohl an anderer Stelle kürzen – oder die Rückführung der Verschuldung, ein Anliegen der CDU, aussetzen.

Wenn man alle neuen Grundschullehrer mit mindestens A 13 bezahlt, kostet das schrittweise mehr, im ersten Jahr vermutlich bis zu 30 Millionen Euro zusätzlich, Tendenz dann steigend auf mehrere hundert Millionen Euro in einigen Jahren. Nur hätte ein solcher Weg den Nachteil, dass dann ältere Grundschullehrer, die bisher nur A 12 bekommen, leer ausgingen, sich benachteiligt fühlen und klagen könnten. Jedes schrittweise System einer Gehaltsaufbesserung hat damit den Nachteil, Ungerechtigkeiten bei denen zu erzeugen, die vorerst bei A 12 stehen bleiben.

Ein System käme damit ins Wanken – und ein bisher gehaltener Abstand zu den Gymnasiallehrern würde zudem entfallen. Auch hier müsste im Übrigen eine Gegenfinanzierung versucht werden. Ohne den Rotstift dürften im Etat für 2020 Mehrausgaben wohl nicht zu machen sein.