Jetzt also auch offiziell: Ursula von der Leyen, die freundliche Pferdeflüsterin aus der niedersächsischen Nachbarschaft, ist Spitzenkandidatin der Europäischen Volkspartei (EVP) für die diesjährige Europawahl. 400 Delegierte stimmten in Bukarest für sie, 89 dagegen. Von den Plänen wussten wir natürlich längst, wie wir bereits im vergangenen Jahr exklusiv berichteten. Allem Anschein nach steht einer zweiten fünfjährigen Amtszeit von Königin Ursula nicht mehr viel im Wege.

Noch nicht gekrönt, aber schon proklamiert: Ursula von der Leyen strebt die zweite Amtszeit als Königin Europas an. | Foto: EU-Kommission + Bearbeitung

Passend zum internationalen Frauentag ehren wir in dieser TagesKolumne mal die mächtigste Niedersächsin der Welt. Der Teeküchen-Kompetenz unserer Leserinnen und Leser verpflichtet, haben wir heute die wichtigsten Buzzwords für Ihren täglichen Smalltalk parat:

• A wie Albrecht: Jahrelang war Ursula „die Tochter von“, jetzt ist sie selbst die bekannte Marke. Insbesondere in Niedersachsen wird ihr Vater aber nicht vergessen: der frühere Ministerpräsident Ernst Albrecht.

• B wie Brüssel: Die Niedersachsen reklamieren Ursula von der Leyen gerne für sich: Die Spitzenpolitikerin aus Beinhorn in der Gemeinde Burgdorf (Region Hannover). Geboren ist sie aber am 8. Oktober 1958 im Brüsseler Vorort Ixelles/Elsene.

• C wie CDU: Als sie 2019 nach Europa berufen wurde, ließ sie die CDU hinter sich. In ihrer alten Partei halten sie viele für zu links oder zu grün. Zum Wahlkampf nähert sie sich der Union nun aber wieder an.

• D wie Delors: Ende 2023 verstarb ein großer Europäer, in dessen Fußstapfen von der Leyen nun tritt. Manche sagen, sie sei die erste, die an den Architekten der modernen EU, Jacques Delors, heranreicht.

• E wie Erdogan: Der Besuch einer EU-Delegation beim türkischen Präsidenten Recep Erdoğan im April 2021 hatte diplomatische Verstimmungen zur Folge. Der Grund: EU-Ratspräsident Charles Michael durfte neben Erdoğan im Sessel sitzen, von der Leyen musste auf dem Sofa Platz nehmen. Die Medien tauften den Vorfall: Sofagate.

• F wie Fit for 55: Die EU verfolgt unter von der Leyens Führung das Ziel, die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent zu senken. Hinter dem Namen „Fit for 55“ verbirgt sich eine Reihe von Vorschlägen zur Überarbeitung und Aktualisierung von EU-Rechtsvorschriften, um dieses Ziel zu erreichen ohne die Wirtschaft dabei zu ruinieren.

• G wie Green Deal: Nur wenige Wochen nach Amtsantritt verkündete von der Leyen im Dezember 2019 bei ihrer ersten Rede zur Lage der Nation den großen Plan: Bis 2050 soll die EU klimaneutral sein, Europa solle ein klimaneutraler Kontinent sein. „Fit for 55“ war das erste Paket von neuen Richtlinien, das die EU-Kommission im Juli 2021 dazu vorgelegt hat.

• H wie Heimat: Sentimentalität ist von der Leyens Sache nicht. Sich selbst beschreibt sie aber so: „Mother of seven. Brussels-born. European by heart.“ Ihre Heimat ist also Europa. Zum Abschied von ihrer Niedersachsen-CDU sagte sie allerdings vor bald fünf Jahren: „Ich liebe in Niedersachsen die flachen Landschaften, die Birken, Auen und Moore. Ich werde im Herzen immer Niedersächsin bleiben.“

• I wie international: Zuhause ist sie inzwischen auf dem internationalen Parkett. Gelebt hat von der Leyen aber sogar schon einmal in den USA, als ihr Mann Heiko dort Anfang der 1990er an der Universität Stanford gearbeitet hat. Dort wurden auch ihre Zwillinge geboren, die deshalb US-amerikanische Staatsbürger sind.

Global Citizen, Bewegung im Jubelpark. | Foto: Instagram @ursulavonderleyen

• J wie Joggen: „Mens sana in corpore sano“ hat die Ärztin verinnerlicht und joggt deshalb, sicherlich auch gerne durch den Parc du Cinquantenaire nahe ihres Brüsseler Wohn- und Arbeitsplatzes, dem Berlaymont.

• K wie Kommission: Seit 2019 ist Ursula von der Leyen die Präsidentin der EU-Kommission, der Brüsseler Behörde mit rund 32.000 Bediensteten und einem 27-köpfigen Führungsgremium – aus jedem Mitgliedstaat einer.

• L wie Lieferkettengesetz: Garant für sichere Arbeitsbedingungen oder ein wirtschaftsschädigendes Bürokratiemonster? Wahlkampfhilfe in der politischen Heimat war das Lieferkettengesetz vermutlich nicht.

• M wie Marketing: Das Gesicht der EU muss auch gesehen werden. Ursula von der Leyen hat vor, das Kommunikations-Budget ihrer Behörde von 30 auf 60 Millionen Euro pro Jahr zu verdoppeln.

• N wie Next Generation EU: Beworben wird mit dem Budget nicht zuletzt auch der europäische Wiederaufbaufonds. Das Konjunkturpaket, mit dem die wirtschaftlichen Folgen der Covid-Pandemie abgedämpft werden sollen, sorgte für die erste gemeinsame Schuldenaufnahme der EU. Ein Hamilton-Moment?

• O wie Orban: Als von der Leyen 2019 zur Kommissionspräsidentin werden sollte, stimmte Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán der Personalie nur deshalb zu, weil er damit das Spitzenkandidatenprinzip der EU sabotieren konnte. Fünf Jahre lang blieb der Vertreter der „illiberalen Demokratie“ das Sorgenkind am Tisch der EU-Staats- und Regierungschefs.

• P wie Pfizergate: In der Corona-Pandemie galt es, schnell und gut zu verhandeln. Die EU kaufte deshalb im Kollektiv Impfstoffe ein, so hatte jeder mehr als genug. Die Sache hängt von der Leyen aber nach, denn sie soll per SMS mit dem Pfizer-Chef gedealt haben. Konkretes bleibt im Unbekannten.

• Q wie Quereinstieg: Zur Politik kam von der Leyen bekanntermaßen erst später. Vorher war sie Ärztin, etwa an der Frauenklinik der MHH.

• R wie Röschen: Ein Spitzname, den sie zumindest in Niedersachsen wohl nie mehr loswird. Im Londoner Studien-Exil diente Rose dann als Deckname zum Schutz vor RAF-Terroristen.

The Only Hugs Allowed: In der Corona-Pandemie hat sich Ursula von der Leyen Knuddeleinheiten bei ihrem Pony abgeholt, das später noch zum Politikum wurde. | Foto: Instagram @ursulavonderleyen

• S wie Spitzenkandidatin: Sie führt die EVP nun in den Wahlkampf, steht aber selber auf keinem Stimmzettel. Wer an die Spitze der EU will, muss zuerst die Staats- und Regierungschefs überzeugen, danach dann das Parlament. Der Hype um Spitzenkandidaten auf EU-Ebene bleibt derweil ein ziemlich deutsches Phänomen.

• T wie Timmermans: Der Niederländer Frans Timmermans wollte 2019 selbst den EU-Top-Job übernehmen, kam dann aber erst an zweiter Stelle und wurde Exekutiv-Vizepräsident der EU-Kommission für den Green Deal. Voriges Jahr zog er den Wechsel in die nationale niederländische Politik einer weiteren Zusammenarbeit vor.

• U wie Ukraine: Vermutlich war kaum ein Spitzenpolitiker so häufig in dem angegriffenen Land wie die Kommissionspräsidentin. Es ist ihr großes Thema: Die Ukraine in die EU holen und der EU Geopolitik beibringen.

• V wie Vestager: Wie Timmermans wollte auch die dänische Exekutiv-Vizepräsidentin Margrethe Vestager das Team vdL vorzeitig verlassen und an die Spitze der europäischen Investmentbank wechseln. Hat nicht geklappt, also bleibt sie doch noch am Start.

• W wie Wolf: Was wäre ein vdL-Listicle ohne: Dolly? Ein Wolf hat von der Leyens Pony in der niedersächsischen Heimat gerissen. Seitdem hat die EU-Kommission ihre Haltung zum Schutz des Beutegreifers deutlich gewandelt. Auch das ist Heimatverbundenheit.



Das soll an dieser Stelle reichen, auch wenn mir zu manchen Buchstaben noch mehr eingefallen wäre. Wenn Sie allerdings noch Vorschläge für X, Y und Z haben, freue ich mich über Zuschriften.

Im Rundblick geht es heute um Beziehungen zur Supermacht China, Künstliche Intelligenz im Kampf gegen die RAF-Terroristen und neue Regeln für den Immissionsschutz, die den Stallumbau erleichtern sollen.

Schreiten Sie heute majestätisch ins Wochenende!
Ihr Niklas Kleinwächter