Laut Niedersachsens Kultusministerin Frauke Heiligenstadt gibt es keinen Einfluss des türkischen Staates auf Schulunterricht in Niedersachsen. Das betreffe sowohl den islamischen Religionsunterricht als auch den herkunftssprachlichen Unterricht an den Schulen im Land. Das sagte Heiligenstadt auf eine Dringliche Anfrage im Landtag. „Der islamische Religionsunterricht, an dem rund 3.100 Schüler teilnehmen, wird von staatlichen Lehrern verantwortet und richtet sich nach dem staatlichen Kerncurriculum“, so die Ministerin. Auch der herkunftssprachliche Unterricht liege in der Verantwortung des Landes. Das schließe aus, dass der türkische Staat darauf Einfluss nehmen könne. Am herkunftssprachlichen Unterricht nehmen laut Heiligenstadt im aktuellen Schuljahr und 4000 Kinder in Niedersachsen teil. Dieser sei vom sogenannten Konsulatsunterricht zu unterscheiden. Diesen erteile in Niedersachsen derzeit nur eine einzige Lehrkraft.

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Zugleich lobte Heiligenstadt den Religionsverband Ditib als „verlässlichen Koalitionspartner“. Es sei das erklärte Ziel des niedersächsischen Ditib-Verbandes, sich vom türkischen Staat unabhängig zu machen. Die Landesregierung werde den Verband dabei im Rahmen ihrer Möglichkeiten unterstützen. Heiligenstadt räumte allerdings ein, die Landesregierung könne nun einmal nicht die Satzung der Ditib ändern. „Die Unabhängigkeit muslimischer Verbände vom türkischen Staat entzieht sich der Steuerung durch das Land Niedersachsen. Die interne Organisation der Verbände ist eben auch eine rein interne Angelegenheit.“ Religionsgemeinschaf würden außerdem noch durch das religiöse Selbstbestimmungsrecht beschützt. Zuvor hatte der FDP-Fraktionsvorsitzende Christian Dürr gefragt, ob die Landesregierung einen konkreten Fahrplan für die Unabhängigkeit von Ditib habe. Dürr zitierte dabei den Vorwurf des Grünen-Bundesvorsitzenden, Cem Özdemir, der Ditib eine „türkische Pegida“ genannt hatte.

Mit den Stimmen von SPD und Grünen beschloss der Landtag gestern auch, Mehrsprachigkeit stärker zu fördern. Zuvor hatte Heiligenstadt Mehrsprachigkeit als eine Chance bezeichnet. „Wir wollen Eltern türkischer Abstammung dabei unterstützen, ihre Herkunftssprache an ihre Kinder weiterzugeben.“ Der Bildungspolitiker der Grünen, Heiner Scholing, bemängelte, zu viele Eltern und Kinder hätten noch keine Angebote für mehrsprachlichen Unterricht. Außerdem fehlten Lehrer und die bisherigen Angebote fänden eher am Rand der Schule statt. Die SPD-Abgeordnete Karin Logemann erhofft sich, dass durch eine Förderung der ersten Sprache eines Kindes das Lernen der deutschen Sprache leichter fällt. Der CDU geht der Antrag dagegen zu weit. Sie befürchtet, dass dadurch eine „parallele Schulhofsprache“ entstehen könnte.

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Nach dem Willen von SPD und Grünen soll die Herkunftssprache in allen Schulformen ab Klasse 5 zeugnisrelevant und später einmal auch als Prüfungsfach im Abitur gewählt werden können. Außerdem soll in allen Schulformen unter anderem Türkisch, Farsi, Russisch und Arabisch als zweite und dritte Fremdsprache gefördert werden. Für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in Niedersachsen führt der Landtagsbeschluss zu besseren Bildungschancen für viele Schüler und ist eine Bereicherung für die Gesellschaft. Der Philologenverband ist dagegen skeptisch und befürchtet, dass durch die Förderung der Mehrsprachigkeit eine Integration in die deutsche Sprache eher schwieriger werden könnte.