In Niedersachsen liegt die Unterrichtsversorgung an den Schulen in diesem Jahr laut Kultusministerium bei 98,9 Prozent. Kultusministerin Frauke Heiligenstadt stellte in Hannover die aktuelle Statistik vor. Grundlage sind die Daten des Stichtages 18. August 2016. „Es ist gelungen, die Unterrichtsversorgung in schwierigen Zeiten auf einem guten Niveau zu stabilisieren“, sagte Heiligenstadt. Sie schränkte aber ein, der Wert sage lediglich aus, wie die Schulen mit Lehrerstunden ausgestattet seien. „Er hat nichts damit zu tun, ob an einer bestimmten Schule Unterricht ausfällt. Allerdings kann mit einem Wert von 98 oder 99 Prozent jede Pflichtstundentafel abgedeckt werden.“ Höchste Priorität sei gewesen, den Pflichtunterricht zu sichern. „Im laufenden Schuljahr haben wir über 3500 Lehrer eingestellt. Bei mehr als 400 hat es sich um Quereinsteiger gehandelt. Wir kleckern nicht, wir klotzen“, sagte Heiligenstadt. Neue Lehrer sollen zum Beispiel jetzt auch mit Umzugsprämien gewonnen werden. Lehrer können eine Umzugskostenvergütung bekommen, wenn sie sich für eine Schule entscheiden, an der es akuten Bedarf gibt. „Das kann auf dem Land der Fall sein, aber auch zum Beispiel an einer sozialen Brennpunktschule in der Stadt.“

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Zwischen den einzelnen Schulformen gibt es in der Statistik deutliche Unterschiede. Während die Unterrichtsversorgung in Grundschulen bei 100,8 und in Gymnasien bei 99,8 Prozent liegt, fallen die Werte in Haupt- und Oberschulden mit 96,3 und 95,5 Prozent deutlich ab. Dafür gibt es Heiligenstadt zufolge unterschiedliche Ursachen. „Zum einen gibt es in den Haupt- und Oberschulen den höchsten Zusatzbedarf bei der Sprachförderung. Neben den Gesamtschulen wird gerade hier viel für Inklusion und Integration geleistet“, erklärte die Ministerin. Zum anderen handele es sich teilweise um sehr kleine Schulen an Standorten im ländlichen Raum. Da gebe es dann Probleme, Lehrer zu finden. „Die Herausforderungen für Lehrer sind im täglichen Arbeitsprozess an diesen Schulen immens höher als am Gymnasium“, sagt auch Stefan Bredehöft, Vorsitzender des Landeselternrates, dem Rundblick. Man müsse darüber diskutieren, ob die Ausbildung für Lehrer für diese Schulen überhaupt noch zeitgemäß sei. „Möglicherweise braucht man andere Ausbildungsinhalte wie zum Beispiel einen höheren pädagogischen Anteil“, so Bredehöft. Auch mehr Anreize, um Lehrer für diese Schulen zu gewinnen, hält er für denkbar.

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Die Opposition übte an den Zahlen scharfe Kritik. „Wir haben eine der schlechtesten Unterrichtsversorgungen in den vergangenen 20 Jahren“, sagte Kai Seefried, schulpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, im Gespräch mit dem Rundblick. „In den Schulen fällt reihenweise Pflichtunterricht aus, mehrere hunderttausend Stunden Unterricht werden nicht gegeben. Die Schüler werden schlecht auf ihre Abschlüsse und ihren weiteren beruflichen Weg vorbereitet. Das ist die Realität.“ Eltern beschwerten sich zurecht, dass das nicht richtig sein könne. Auch FDP-Bildungspolitiker Björn Försterling warf Heiligenstadt vor, zu wenig Lehrer einzustellen. „Eingestellt wurden zum 1. Februar insgesamt weniger Lehrer, als in den Ruhestand gegangen sind. Damit wurden also sogar Stellen abgebaut“, so Försterling. Der Landeselternrats-Vorsitzende Bredehöft hält den Prozentwert für eine relativ abstrakte und nur wenig aussagekräftige Zahl. Die Situation an den Schulen im Land sei regional sehr unterschiedlich.

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Bei der Erstellung der Statistik hatte es eine Verzögerung gegeben, die nach den Worten des Leiters des Referats Unterrichtsversorgung im Kultusministerium, Torsten Glaser, gleich mehrere Gründe hatte. So habe es bereits zu Beginn des Verfahrens Verzögerungen gegeben. Zudem mussten die mehr als 2200 neuen Lehrer korrekt verbucht werden. Zuletzt wurde noch ein Programmierfehler gefunden. Dabei war an den Integrierten Gesamtschulen eine falsche Pflichtstundenzahl eingegeben. Allein das hat einige Wochen gekostet, erläuterte Glaser.

Die Kultusministerin präsentierte gestern auch die Statistik für die berufsbildenden Schulen. Hier war der Stichtag der 15. November 2016. Die Unterrichtsversorgung liegt hier im Durchschnitt bei 88,1 Prozent. Heiligenstadt sprach von einer Stabilisierung und damit von einem positiven Ergebnis. Schließlich gebe es an den Berufsschulen einen deutlich gestiegenen Lehrerbedarf, um Flüchtlinge zu integrieren. Es gebe einen massiven Anstieg bei Bedarf für die Sprachförderklassen. „Ohne diesen Bedarf hätte die Unterrichtsversorgung in Berufsschulen bei über 90 Prozent gelegen“, erklärte Heiligenstadt.