Im Wahlkampfjahr 2017 schlugen verschiedene Unregelmäßigkeiten bei Auftragsvergaben der Landesregierung hohe Wellen. Zwei Staatssekretäre wurden entlassen – und die damalige Opposition setzte einen Untersuchungsausschuss im Landtag durch. Auch die Justiz nahm seinerzeit Ermittlungen auf. Wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover, Thomas Klinge, gegenüber dem Politikjournal Rundblick erklärte, ist die Aufarbeitung auch ein knappes Jahr nach Bekanntwerden der ersten Fälle noch nicht abgeschlossen. „Ich hoffe aber, dass dies bald erledigt sein wird“, fügte Klinge hinzu. Es geht hier vor allem um Vorgänge im Wirtschaftsministerium, damals geführt vom heutigen Umweltminister Olaf Lies (SPD), und im Sozialministerium unter der damaligen Ministerin Cornelia Rundt (SPD).

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Bei der Firma Neoskop, einer Agentur aus Hannover, ging es um das Standortmarketing des Landes und eine neue Internetseite, die gestaltet werden sollte. Ein 200.000-Euro-Auftrag ging an das Unternehmen, obwohl es schon Monate vor der Ausschreibung Kontaktaufnahmen zwischen der Geschäftsführung und der damaligen Staatssekretärin Daniela Behrens gegeben hatte. Zusätzliche Leistungen wurden ebenfalls vereinbart. Der Verdacht steht im Raum, dass die Staatssekretärin auch Einfluss auf das Auswahlgremium im Ministerium genommen haben könnte. Der Fall Neoskop bildete damals nur den Auftakt einer Reihe von Verfehlungen, die dem Wirtschaftsministerium angelastet wurden. Auch eine Werbetour für Elektromobilität durch mehrere Städte Niedersachsens, die von der Pressestelle des Ministeriums organisiert und verantwortet wurde, geriet in den Fokus der Ermittler – offenbar hatte es hier mehrfach Verstöße gegen die strengen Vergaberegeln gegeben. Inwieweit hieraus juristische Folgen für die handelnden Personen entstehen, ist nun Gegenstand er Prüfung der Staatsanwaltschaft. Neben der Staatssekretärin ist auch der damalige Pressesprecher eine zentrale Figur der Ermittlungen.

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Auch in der Staatskanzlei und im Sozialministerium waren im Sommer 2017 Vergabe-Verstöße festgestellt worden, in der Staatskanzlei besonders mit Blick auf die Suche nach einem neuen Niedersachsen-Motto. Dies endete später in „Niedersachsen. Klar.“ Der Vorwurf wurde laut, ein in SPD-Kreisen altbekannter PR-Fachmann sei bei der Auftragsvergabe gezielt gefördert worden. Staatsanwaltschaftliche Ermittlungen waren aber, wie bisher bekannt, in diesem Fall nicht eingeleitet worden. In der Staatskanzlei spielte auch noch die Beauftragung einer Werbefirma eine Rolle, die über den Tisch des damaligen Leiters der Landesvertretung ging, Staatssekretär Michael Rüter. Auch hier wurde über Ermittlungen gegen ihn bisher nichts bekannt. Anders ist es im Sozialministerium, wo es im Untersuchungsausschuss Wirbel um ein 40.000-Euro-Gutachten an die Firma Cima gab, die mit einem „Masterplan soziale Gesundheitswirtschaft“ befasst war. An Besprechungen beteiligt war seinerzeit die damalige Ministerin Cornelia Rundt, die aber jegliche ungerechtfertigte Förderung von Cima strikt bestritten hatte. Allerdings leitete die Staatsanwaltschaft Ermittlungen ein – nicht gegen die Ministerin oder ihren damaligen Büroleiter, der mit der Sache betraut war, sondern gegen den Cima-Chef, da es verboten ist, ein Angebot auf Grundlage einer rechtswidrigen Absprache abzugeben.

Wie Staatsanwalt Klinge dem Politikjournal Rundblick mitteilte, hat sich in all diesen Sachen bisher der Kreis der Beschuldigten weder vergrößert noch verkleinert. In keinem der untersuchten Fälle könne man davon reden, dass die Untersuchungen ausgeweitet werden sollen. Auf der anderen Seite seien aber auch keine Entlastungen festgestellt worden. Der Staatsanwalt habe sich durch Unmengen an Akten wälzen müssen. Allein im Fall der Werbetour für Elektromobilität waren es 109 Aktenordner, die damals der Untersuchungsausschuss vorliegen hatte. Nach Klinges Worten sind Vergabevorgänge auch ein „relativ neues Feld“, mit dem sich die Staatsanwaltschaft Hannover bisher noch nicht oft hätte befassen müssen.