In einer knappen Mitteilung ließ Landtagspräsidentin Gabriele Andretta gestern erklären, dass an der Auflösung der AfD-Landtagsfraktion nunmehr keine Zweifel mehr bestehen. Das heißt: Wenn der Ältestenrat heute zusammentrifft und die Plenarsitzung nächste Woche vorbereitet, dürfte bereits über eine neue Sitzordnung im Parlament und ein Verfahren für die Umbesetzung der Ausschüsse entschieden werden. Der Parlamentarische Geschäftsführer der AfD-Fraktion, Klaus Wichmann, wird zu dieser Sitzung wohl nicht mehr eingeladen – da es die AfD-Fraktion nicht mehr gibt.

Noch Ende vergangener Woche stand die Landtagsverwaltung auf dem Standpunkt, dass die AfD-Fraktion nach dem öffentlich erklärten Austritt ihrer Abgeordneten Dana Guth (Göttingen), Jens Ahrends (Ammerland) und Stefan Wirtz (Braunschweig) diesen Schritt selbst formell feststellen und der Parlamentsverwaltung mitteilen muss. Das geschah aber mehrere Tage lang nicht, weil nach Ansicht von Wichmann die Erklärung der drei nicht mit den Bestimmungen der Fraktionssatzung übereinstimme. Gestern nun teilte Landtagssprecher David-Leon Rosengart mit, dass Guth, Ahrends und Wirtz bei der Landtagsverwaltung noch einmal vorstellig wurden. Sie hätten „übereinstimmend und nachvollziehbar sowohl persönlich als auch schriftlich erklärt, dass sie ihre Austrittserklärung an sämtliche Vorstandsmitglieder und die Fraktion übermittelt haben“. Damit, so Rosengart, gehe der Landtag nun von der Nicht-Mehr-Existenz der Fraktion aus.


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Was sehr formalistisch klingt, hatte nach Rundblick-Informationen noch Ende vergangener Woche eine höchst dramatische Zuspitzung erfahren. Über die Abläufe gibt es unterschiedliche Darstellungen. So wird berichtet, Vertreter der sechs übrigen AfD-Fraktionsmitglieder hätten bei einem engagierten AfD-Mitglied angerufen und ihn um eine Sondierung für ein mögliches Vermittlungsgespräch gebeten. Das habe zunächst bis Freitag auch noch erfolgversprechend ausgesehen. Ziel sollte offenbar sein, Guth oder Ahrends zu einer Rückkehr in die Fraktion zu bewegen und damit den Bestand der Fraktion doch noch zu sichern – denn mindestens sieben Abgeordnete sind für den Fraktionsstatus nötig. Auch über einen Mediator wurde gesprochen. Einige Stunden lang soll es dann so ausgesehen haben, als ob eine Verständigung noch gelingen könnte.

Dabei ist interessant, dass das Lager der sechs Abgeordneten um Guth und Ahrends geworben hat, nicht aber um Wirtz, der beim Bruch der AfD-Fraktion am 22. September sehr energisch reagiert und damit die anderen verschreckt haben soll. Schon am Sonnabend war die Hoffnung auf eine Verständigung dann aber schon wieder verflogen, Ursache soll ein Telefonat zwischen Guth und Wichmann gewesen sein. Es heißt, Guth habe die Rücknahme der Fraktionsaustritte, die Wichmann verlangt habe, abgelehnt. Das komme nur in Betracht, wenn eine Versöhnung gelinge. Das Gespräch muss nicht erbaulich gewesen sein. Dem Vorschlag von Guth, alle bisherigen neun AfD-Abgeordneten mögen am vorgestrigen Montag noch einmal zusammenkommen und eine Verständigung suchen, folgten dann nur Guth, Ahrends und Wirtz. Alle anderen erschienen zu dem Treffen nicht.

Hausverbot für Guth-Vertrauten

Im Hintergrund wird erhebliche Verstimmung spürbar. Die übrigen sechs Fraktionsmitglieder hatten den bisherigen Fraktionsgeschäftsführer Jens Krause, einen Guth-Vertrauten, fristlos entlassen und ihm sogar Hausverbot erteilt – ein Schritt, der rechtlich fragwürdig ist, weil der Punkt gar nicht auf der Tagesordnung der Fraktionssitzung stand, in der das entschieden wurde. Dann wirft das Guth-Lager Lilienthal und Bothe vor, schon vor Monaten wenig qualifizierte Mitarbeiter in den Fraktionsstab eingeschleust zu haben, ohne dass dies mit der Vorsitzenden abgestimmt gewesen sei.

Ein Mitarbeiter, der sich als Guth-Unterstützer outete, soll gedrängt worden sein, das Lager zu wechseln. Einige Abgeordnete sollen wiederholt offen ihr Sympathie mit dem Rechtsaußen Björn Höcke kundgetan haben. Schließlich führten wohl auch die von Teilen des Bundesvorstandes tolerierten oder sogar geförderten, aber bisher erfolglosen Versuche, Ahrends zum Einlenken und zur Rückkehr zu bewegen, zu Verärgerung bei Guth. Das könnte heute auch noch zur Sprache kommen, wenn die Landtagsfraktion am Nachmittag nach Berlin einbestellt ist und sich dort vor dem Bundesvorstand rechtfertigen soll. Die Drohung mit einem Parteiausschluss gegen die drei Abtrünnigen steht im Raum.