In der Debatte um den Wolf spricht sich die Landesjägerschaft für einen Mittelweg aus. Anders als von CDU und FDP gefordert, lehnen die Jäger eine Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht ab. Allerdings plädieren sie dafür, dass das Töten von einzelnen Tieren oder Rudeln auch zur Abschreckung möglich sein soll. „Eine Vergrämung mit Gummigeschossen ist nicht effektiv genug. Die Tötung auffälliger Tiere entfaltet aber einen Lerneffekt für deren Artgenossen“, sagte gestern Ernst-Dieter Meinecke, stellvertretender Präsident der Landesjägerschaft. Erst in der vergangenen Woche hatte die rot-grüne Landesregierung eine vorsichtige Lockerung des Tötungsverbots innerhalb der gesetzlichen Grenzen in Aussicht gestellt. So könne auch das wiederholte Überspringen von „wolfssicheren“ Zäunen als artfremdes Verhalten und damit als Grund gewertet werden, den Wolf zu töten. Das könne sogar für ganze Rudel gelten, hatte Ministerpräsident Stephan Weil gesagt. Doch konkrete Voraussetzungen für die Tötung von auffälligen Wölfen war die Regierung schuldig geblieben. Es bleibe bei Einzelfallentscheidungen, hieß es.

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Die Landesjägerschaft fordert nun, die Tötung von Wölfen generell in Betracht zu ziehen, sofern bestimmte Kriterien erfüllt seien. „Wir sehen für die Wolfspolitik eine dreigliedrige Zukunft“, sagt Meinecke. Konkret heißt das, Entschädigungen für von Wölfen getötete Nutztiere werde das Land weiterhin zahlen müssen und auch die Prävention in Form von Beratung und der Förderung von wolfssicheren Zäunen müsse bleiben. „Allerdings muss das Land auch konsequent Wölfe entnehmen, die auffällig sind,“ sagt Meinecke. Die Landesjägerschaft hält das aus mehreren Gründen für sinnvoll. Zum einen sei die Wolfspopulation in Niedersachsen in einer Phase, in der sie sich die Tiere stark vermehrten. „Wissenschaftlern zufolge hat die Tötung einzelner Tiere oder Rudel jetzt keine erheblichen Auswirkungen auf die Ausbreitung.“ Zum anderen sei die Tötung einzelner Tiere ein wirkungsvolleres Vergrämung als das Beschießen mit Gummigeschossen. „Ich bin sicher, es spricht sich dann unter Wölfen herum, dass bestimmte Verhaltensweisen nicht toleriert werden“, sagt Meinecke. Allgemein müssten dem Wolf wieder stärker seine Grenzen aufgezeigt werden. „Im ländlichen Raum gibt es kaum noch Verständnis dafür, dass Wölfe am helllichten Tag durch Ortschaften laufen. Denn die Leute hatten ja gelernt, dass Wölfe eigentlich scheu seien und Menschen meiden würden.“ Das erlebten viele nun aber ganz anders.

Auffällige Wölfe sollten jedoch weiterhin nur im Auftrag der Landesregierung getötet werden. Eine Aufnahme ins Jagdrecht lehnt die Landesjägerschaft ab. „Das würde die Situation nicht verbessern“, sagt Meinecke. Denn als bedrohte Tierart hätte der Wolf eine ganzjährige Schonzeit und dürfte gar nicht erst gejagt werden. Allerdings würde sich durch eine Aufnahme ins Jagdrecht die Situation für die Jäger verschlechtern. Denn haben die Jäger ein Jagdrecht für eine Tierart, dann haben sie gleichzeitig auch eine Hegepflicht. Sie müssen darauf achten, dass die Art nicht in ihrer Existenz bedroht wird, aber gleichzeitig für die Schäden aufkommen, die die Tiere an anderen Tier- und Pflanzenarten anrichtet. Beim Wolf könnte das bedeuten, dass die Jäger dazu verpflichtet würden, anstelle des Landes den Weidetierhaltern den Ersatz für gerissene Nutztiere zu zahlen. „Unter den Jägern ist die Sorge groß, dass die Billigkeitsleistung dann aus der Jagdabgabe bezahlt wird“, sagt Meinecke. Das ist eine enorme Summe. Allein im Jahr 2016 zahlte das Land 23.000 Euro Entschädigung für gerissene Weidetiere, bis 1. Juli dieses Jahres waren es 10.500 Euro, wie aus der Antwort des Umweltministeriums auf eine Anfrage der CDU hervorgeht.