Obwohl das Land mehr Lehrer denn je im Schuldienst hat, reichen diese angesichts des gewachsenen Bedarfs nicht aus, um eine angemessene Unterrichtsversorgung sicherzustellen. Als naheliegende Kurzfrist-Maßnahme setzt man daher auf das Anwerben von Quereinsteigern. Die CDU-Landtagsfraktion vermisst dabei jedoch die Entschlossenheit und auch das Tempo.

Bundesweit habe sich der Anteil der Quer- und Seiteneinsteiger an den Neueinstellungen positiv entwickelt (von 5,9 Prozent zum Schuljahr 2011/12 auf zuletzt 8,6 Prozent), führte die CDU-Politikerin Anna Bauseneick aus. In Niedersachsen habe sich die Tendenz allerdings andersherum dargestellt: In diesem Jahr waren es demnach nur noch 5,8 Prozent, obwohl die Quote zuvor noch bei 9,5 Prozent gelegen habe. Wie sich die Landesregierung diese rückläufigen Zahlen erklärt, fragte Bauseneick deshalb in einer „dringlichen Anfrage“ ihrer Fraktion am Donnerstag im Landtag.

Foto: GettyImages/Smederevac

Finanzminister Gerald Heere (Grüne), der in Vertretung für die erkrankte Kultusministerin antwortete, verwies auf eine statistische Ungenauigkeit. Die Zahlen bezögen sich nur auf den direkten Quereinstieg. Jene Lehrkräfte, die vor dem Examen hinzugekommen wären, würden an dieser Stelle gar nicht mitgezählt, führte er aus. Außerdem sei auch auf die anwachsenden Zahlen im Bereich der Berufsschulen verwiesen: Hier sei der Anteil von 2022 zu 2023 von zuerst fast 15 Prozent auf nun über 16 Prozent gestiegen.

Heere: Quereinstieg kein Allheilmittel

Heere betonte, dass 90 Prozent der ausgeschriebenen Lehrerstellen mit grundständig ausgebildeten Fachkräften besetzt werden konnten. Dennoch sei man auf den Quereinstieg angewiesen. Diese Arbeitnehmer bereicherten den Schuldienst zudem durch ihren anderen Erfahrungsschatz, lobte er. Man müsse allerdings auch ehrlich feststellen, sagte Heere, dass Quereinsteiger eine Beschäftigung an den weniger nachgefragten, entlegenen Standorten oder an Schulen mit besonderen Herausforderungen meist ablehnten. Für Standorte mit hohen Bedarfen sei der Quereinstieg deshalb kein Allheilmittel. Andere Bundesländer verfolgten daher schon die Strategie, Quereinsteiger vorrangig direkt für diese Standorte zu suchen.

Grundsätzlich müsse beim Anwerben von Quereinsteigern jedoch zweierlei berücksichtigt werden: Erstens konkurriere die Schule um gut ausgebildete Personen mit der Wirtschaft. Und zweitens dürfe es durch dieses Vorgehen keine Entprofessionalisierung des schulischen Personals geben.

Um die Attraktivität des Lehrerberufs zu steigern, setze die Landesregierung neben einer besseren Bezahlung auf eine Steigerung der Attraktivität des Arbeitsplatzes, also etwa der Ausstattung des Schulgebäudes sowie die Erreichbarkeit mit dem öffentlichen Nahverkehr. Dazu sei man in Gesprächen mit den Schulträgern und mache sich auch Gedanken darüber, wie regionale Unterschiede ausgeglichen werden können. Außerdem sollen häufiger multiprofessionelle Teams die Lehrkräfte entlasten, damit diese ihrer Kernaufgabe nachkommen könnten, dem Unterricht. Zudem verwies Heere auf den „Freiräume-Prozess“, den das Kultusministerium angestoßen hat und den der Landtag nun mit einem Entschließungsantrag von Rot-Grün flankieren soll.

Mohrs: Berufsbegleitende Lehramts-Master ab 2024

Eine weitere Strategie gegen den Lehrermangel sieht derweil vor, Bachelorabsolventen, die bereits befristet im Schuldienst eingesetzt werden, die Möglichkeit zu bieten, berufsbegleitend einen Masterabschluss zu erwerben, um anschließend als vollausgebildete Lehrkraft eingesetzt werden zu können. Die CDU-Landtagsfraktion wollte von der Landesregierung nun wissen, warum diese angekündigte Maßnahme noch nicht längst umgesetzt worden sei. Heere antwortete darauf, dass ein Modellverfahren, wonach Ein-Fach-Lehrkräfte ein zweites Unterrichtsfach berufsbegleitend in einem viersemestrigen Master-Studiengang nachholen, nun verstetigt werden solle.


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Wissenschaftsminister Falko Mohrs (SPD) erläuterte dazu, dass der niedersächsische Verbund zur Lehrkräftebildung bereits im Dezember 2022 dazu eine Arbeitsgruppe eingerichtet habe. Mohrs warnte davor, hier eine Maßnahme umzusetzen, auf die die Hochschulen nicht vorbereitet seien. Man befinde sich derzeit in der Absprache zur Konzeption, sodass dieser Schritt frühestens ab dem Wintersemester 2024/25 angeboten werden könne. Aufgrund der hohen Komplexität des Weiterbildungsangebotes sei keine schnellere Umsetzung möglich, heißt es seitens der Landesregierung. Darüber hinaus begrüßte Mohrs aber das Modell, bei dem die Lehrkräfte während der Qualifizierung im Schulsystem verbleiben würden, wo sie dringend benötigt werden.

Auf die Nachfrage des CDU-Politikers Christian Fühner, ob der Regierung bekannt sei, dass es bereits Universitäten gebe, die nach eigenen Angaben keine weitere Vorbereitungszeit mehr bräuchten und zum nächsten Semester starten könnten, verwies Mohrs auf die jüngste Zusammenkunft des niedersächsischen Verbunds zur Lehrkräftebildung vom 5. Oktober, bei der der Zeitplan abgestimmt worden sei und niemand einen früheren Startzeitpunkt angesprochen habe.